Lublin, dn. 9. Januar 1940 r.
An die Israelitische Kultusgemeinde Wien
In Erledigung Ihrer w. Zuschrift vom 29.XII.1939 (Zeichen - Boschan/F) können wir Ihnen nur die 15 Namen der in Lublin sich befindlichen Wiener Juden angeben, die sich im Zuge der von uns geführten Flüchtlingsregistrierung bei der Gemeinde gemeldet haben.
Über die event. sich in Umgebung befindlichen Wiener Juden haben wir leider gar keine Kenntnis u. können wir deswegen Ihnen mit keinerlei Angaben dienen:
Die Namen der obgenannten sind folgende:
1/ Beno Blumbaum, 23 J.
2/ Jura Abraham, 53 J.
3/ Acht Robert, 37 J.
4/ Wald Armin, 50 J.
5/ Schiffmann Efraim, 63 J.
6/ Klumak Josef, 48 J.
7/ Bauer Rudolf, 56 J.
8/ Grünthal Robert, 51 J.
9/ Heller Israel-Josef, 53 J.
10/ Herlinger Jakob, 54 J.
11/ Kohn Jakob,
12/ Schönhof Hugo, 66 J.
13/ Stepper Max, 51 J.
14/ Weiss Israel Karl, 57 J.
Wir erachten es für unsere Pflicht zu bemerken, dass die genannten sich in einer höchst kritischen materiellen Lage befinden.
Wir nützen die Gelegenheit aus, um unserer tiefen Verwunderung Ausdruck zu geben, dass die Isr. Kultusgemeinde Wien in Ihrem Schreiben vom 29.12. v.J. mit keinem Worte von einer event. Hilfe Ihrerseits für die aus Wien stammenden Juden erwähnt. Dieses Verhalten gegenüber Ihrer eigenen Leute ist nicht nur für uns unverständlich - sondern steht auch im krassen Widerspruch mit den uns von den Wiener delegierten /die hier persönlich an Ort u. Stelle waren/.
gegebenen Versprechungen, dass der jüdischen - sich derzeit in einer so schweren u. kritischen Lage befindlichen Kultusgemeinde in Lublin - alles was wir aus unseren - sehr armen Geldbeständen - für die Wiener Flüchtlinge ausgeben werden - prompt mit Dankbarkeit retourniert werden wird.
Darauf sich stützend - haben wir sowohl den in Belzec bei der Sowjetgrenze - wie auch den in Lublin sich befindlichen Wienern Unterstützungen erteilt, deren Gesamtbetrag 1000 Zl. bereits überschritten hat.
Nun werden Sie wohl gefl. verstehen, dass wir darüber unsere Verwunderung aussprechen müssen - sowie auch, dass wir in Zukunft die Behandlung den Wiener Juden gegenüber unsererseits von dem Einhalten des uns gegebenen Versprechens abhängig machen werden.
Hochachtungsvoll
Präses des Vorstandes
Präses der Berat. Kommission
[Eingangsstempel 14.1.1940]