Sehr geehrte Herren!

Wir erhielten Ihr geschätztes Schreiben vom 10. Nov. l.J. und beehren uns, Ihnen über die gestellten Anfragen Folgendes mitzuteilen:

Es ist richtig, dass im vergangenen Monat eine grössere Anzahl von Juden in das Gebiet des ehemaligen Polens übersiedelt sind. Diese Übersiedlungsaktion beschränkte sich nicht auf Personen polnischer Staatsangehörigkeit oder Abstammung, sondern erstreckte sich auch auf Juden deutscher Staatsangehörigkeit ohne Rücksicht auf das Geburtsland, während Juden fremder Nationalität oder solche Staatenlose, die aus einem anderen Land abstammen, nicht umgesiedelt wurden.

Bei der Durchführung der Aktion wirkte die Kultusgemeinde mit. Sie war bemüht, sowohl bei der Auswahl der Personen wie bei der Durchführung der Transporte die unvermeidlichen Härten wesentlich zu mildern, was auch zum Teil gelang.

In Polen selbst waren und sind noch Vertreter der Wiener Kultusgemeinde sowie anderer jüdischer Gemeinden anwesend, die sich um die ankommenden Juden kümmern und versuchen, ihnen soweit als möglich behilflich zu sein.

Der derzeitige Aufenthaltsort der Umgesiedelten ist uns nur zu einem Teil bekannt, da viele von ihnen noch nicht an ihrem endgültigen Bestimmungsort angelangt sind. Wir hoffen im Laufe der Zeit Möglichkeiten zu bekommen, mit den Ausgewanderten in Verbindung zu treten, in welchem Falle gewiss irgend ein Weg gefunden werden wird, den betreffenden Personen die Ihrerseits zugedachte finanzielle Hilfe zukommen zu lassen. Was die von Ihnen beabsichtigte Auswanderungshilfe anbelangt, kann derzeit Positives nicht gesagt werden, doch hoffen wir auch diesbezüglich, dass es mit fortschreitender Konsolidierung der Verhältnisse möglich werden wird, eine geregelte Auswanderung aus Polen für diejenigen Personen, welche Einreisen haben, in die Wege zu leiten. Jedenfalls bitten wir um Übersendung der in Ihrem geschätzten Schreiben erwähnten Listen, aus denen wir werden feststellen können, welche der dort angegebenen Personen nach Polen ausgewandert sind.

Wir danken Ihnen verbindlichst für das grosse Interesse, das Sie auch in dieser Angelegenheit bekunden und möchten es nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, dass eine Unterstützung und Förderung der Ausgewanderten in dem vom Ihnen beabsichtigten Sinne in hohem Masse wünschenswert wäre.

Wir zeichnen

mit dem Ausdruck vorzüglicher Hochachtung

Amtsvorstand