insert_drive_file
Text from page1

1. Mit der Führung eines jeden Transportes wird ein Transportleiter von der Amtsdirektion der Israelitischen Kultusgemeinde Wien bestellt, dem so viel Waggonleiter unterstellt werden, als der Zug Personenwagen enthält; aus der Mitte der Waggonleiter wird einer mit der Vertretung des Transportleiters in dessen Verhinderungsfall betraut.

2. Der Transportleiter und die Waggonleiter haben sich 24 Stunden vor Abgang des Zuges in der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, I., Seitenstettengasse 4, Zimmer 8, einzufinden und dieses Merkblatt, sowie besondere Weisungen entgegenzunehmen.

3. Dem Transportleiter unterstehen auch die den Zug begleitenden Ärzte.

4. Jeder Transport umfasst rund 1000 Personen, welche auf die einzelnen Waggons (60-64 Personen pro Waggon) aufgeteilt werden.

Der Transportleiter bekommt 24 Stunden vor Abgang des Zuges die gesamte Liste der Teilnehmer, gegliedert nach einzelnen Waggons. Überdies erhält er eine Namenskartei aller Teilnehmer nach dem Alphabet geordnet. Jeder Waggonleiter bekommt eine Liste der Mitreisenden seines Wagens. Die einzelnen Teilnehmer erhalten 24 Stunden vor Zugsabgang von der Israelitischen Kultusgemeinde Wien die Verständigung, zu welcher Stunde sie sich auf dem Bahnhofe (Aspangbhf) einzufinden und welche Waggons sie zu besteigen haben.

5. Der Transportleiter, die Waggonleiter und die zugeteilten Ärzte haben sich zwei Stunden vor Zugsabgang auf dem Bahnhof einzufinden; die Reiseteilnehmer eine Stunde vor Zugsabgang.

Jeder Waggonleiter verliest sofort nach Eintreffen der Mitreisenden die Namen der in dem unter seiner Leitung stehenden Waggon mitreisenden Passagiere und überwacht deren Einsteigen und die Verstauung des Gepäcks.

Die Einteilung der Passagiere wird derart erfolgen, dass Ehepaare und Familienmitglieder zusammen reisen, wogegen alleinstehende Frauen und Mädchen möglichst in gesonderten Abteilen untergebracht werden.

Die Namen der fehlenden Reiseteilnehmer werden dem Transportleiter eine Viertelstunde vor der angekündigten Abfahrtszeit bekannt gegeben.

6. Jeder Reiseleiter ist berechtigt, Reisegepäck im Gesamtgewicht bis zu 50 kg mitzunehmen, doch darf es sich nicht um Sperrgüter handeln. Die Mitnahme von Gold, Juwelen usw. ist strengstens verboten. Hingegen darf jeder Reiseteilnehmer bis 300 RM in barem Gelde mitführen.

insert_drive_file
Text from page2

7. 24 Stunden vor Abgang des Zuges werden die von der Israelitischen Kultusgemeinde Wien beigestellten für vier Wochen berechneten Lebensmittel in den an den Zug angehängten Güterwaggons verstaut, die Wagen versperrt und die Schlüssel, zusammen mit einem Verzeichnis der mitgegebenen Lebensmittel, Medikamente und sonstigen Instrumente, übergeben.

8. Jeder Reiseteilnehmer hat nach Tunlichkeit Reserveproviant für die Reisedauer mitzunehmen. Der von der Israelitischen Kultusgemeinde Wien zur Verfügung gestellte, für die Reisedauer bestimmte, Reserve-Proviant wird vom Transportleiter in einem besonderen Abteil verwahrt. Er trägt die Verantwortung für die gleichmässige und umsichtige Verteilung desselben.

9. Die Waggonleiter haben bis zum Zugsabgang ständig zu kontrollieren, ob die in dem unter ihrer Leitung stehenden Waggon fahrenden Passagiere ihre Sitze behalten. Sie haben dafür Sorge zu tragen, dass der Abgang des Zuges in aller Stille vor sich geht. Kundgebungen und lautes Benehmen sind verboten. Die die abfahrenden Reisenden begleitenden Personen haben eine Stunde vor Zugsabgang sich von ihren Familienangehörigen zu verabschieden und das Bahnhofsgebäude zu verlassen. Auf dem Bahnsteig dürfen ausser den anwesenden behördlichen Organen nur die mit einer Legitimation der Amtsdirektion versehenen Funktionäre der Israelitischen Kultusgemeinde Wien verweilen.

10. Der Transportleiter hat während der Fahrt den Zug ständig zu kontrollieren und sich von den Waggonleitern Bericht erstatten zu lassen. Im Erkrankungsfalle einzelner Passagiere hat er einen der mitfahrenden Aerzte mit der aerztlichen Pflege zu betrauen.

Für plötzliche Erkrankungen ernsterer Art ist ein Abteil zu reservieren. Der mit der ärztlichen Hilfe betraute Arzt hat eine Reiseapotheke mit sich zu führen und seinen Platz im reservierten Abteil einzunehmen.

11. Das Verlassen des Waggons auf den Zwischenstationen ist nur in Ausnahmefällen mit besonderer Bewilligung des Waggonleiters zu gestatten.

12. Nach Eintreffen des Zuges am Bestimmungsort haben die Transportleiter den dort anwesenden Vertretern der Behörde kurze Meldung zu erstatten, sodann alle Passagiere antreten und deren Namen nochmals durch die Waggonleiter verlesen zu lassen. Sonach hat er sich an die am Bestimmungsort erhaltenen behördlichen Anordnungen und Weisungen der dort vorhandenen Vertreter der jüdischen Organisationen zu halten.

Er hat auch einen kurzen schriftlichen Bericht über den Verlauf der Reise an die Amtsdirektion der Israelitischen Kultusgemeinde Wien zu erstatten.