insert_drive_file
Text from page1

Betrifft: Aussprache zwischen SS-H’Stuf. Eichmann, Herrn Dr. Ebner von der Geheimen Staatspolizeileitstelle Wien und Herrn Dr. Becker vom Stabe des Reichskommissars

Am 16.10.1939 fand in der Zentralstelle zwischen den Obengenannten eine Besprechung statt, wo Herr Dr. Becker von der Gauleitung SS-H’Stuf. Eichmann erklärte, dass SS-H’Stuf. Eichmann vom Gauleiter Bürckel persönlich sämtliche Vollmachten für die Umsiedlungsaktion nach Polen erhält und sogar gebeten hat, die Umsiedlung von Wien aus beschleunigt durchzuführen. Herr Dr. Becker erklärte, dass er jedwedes bürokratische oder sonstige Hindernis (Zusammenstellung der Züge, Aufstellung einer Begleitmannschaft durch die Schupo, Lebensmittelbeschaffung, Erfassung der Juden und Abstellung von Hilfskräften des Wohnungsamtes) auf kurzem Wege über Gauleiter Bürckel zu Gunsten der Umsiedlung aus dem Wege räumt.

Weiter teilte Herr Dr. Becker mit, dass er Gauleiter Bürckel bereits einen Vortrag über die Aussprache vom 7.10.1939 hielt und der Gauleiter mehr als froh ist, dass die geplante Umsiedlung der Juden in Baracken nicht stattzufinden braucht, da die Kosten pro Kopf zum Bau der Baracken allein schon auf RM 500.- gekommen wären. Herr Dr. Becker wird nach Möglichkeit einen Vortrag bei Gauleiter Bürckel für 17.10.1939 Vormittag ermöglichen, wenn nicht, ist SS-O‘Stuf. Günther Verbindungsmann zwischen der Gauleitung und der Zentralstelle für jüdische Auswanderung und kann sich jederzeit bei Auftreten irgendeiner Schwierigkeit an Herrn Dr. Becker wenden.

Herr Dr. Becker bat um Zusendung einer Kartei pro Transport der nach Polen übersiedelnden Juden, um über die Wohnungen entsprechend zu verfügen und die nötigen Massnahmen gegen ein event. einsetzendes wildes Arisieren zu verhindern. Weiter sprach Herr Dr. Becker noch, dass der gesamte Realbesitz der Wiener Juden einer Treuhandgesellschaft zu übergeben wäre, die die entsprechenden Zahlungen an die Zentralstelle für jüdische Auswanderung leistet, um ebenfalls ein überstürztes Arisieren des jüdischen Hausbesitzes zu verhindern.

Herr Dr. Becker sagte auch zu, dass er den Staatskommissar für die „Allgemeine Stiftung für jüdische Fürsorge in Wien“ sofort kaltstellen werde, damit ja keine Verzögerung in der Umsiedlung eintreten kann.

insert_drive_file
Text from page2

Herr Dr. Ebner der Geheimen Staatspolizei war während diesen Verhandlungen anwesend und betonte ganz besonders, dass dem wilden Arisieren der Wohnungen, sowie der Arisierung des Realbesitzes sofort ein Riegel vorgeschoben werden muss, da ansonsten Novemberverhältnisse eintreten könnten.

Weiter versprach Herr Dr. Ebner, seinen ganzen Apparat auf die Umsiedlung abzustellen und bei der Erfassung der Juden entsprechende Massnahmen zu treffen. Er bat auch, beim 2. Transport die verhafteten staatenlosen Juden vorzunehmen, ebenso auch die im KZ befindlichen sofort anzuschliessen. Gleichfalls wird Herr Dr. Ebner auch veranlassen, dass sämtliche bei den Landgerichten und verschiedenen Bezirksbehörden derzeit inhaftierten Juden durch die Umsiedlung auf kurzem Wege freigegeben werden.

Herr Dr. Ebner bittet von sämtlichen nach Polen übersiedelnden Juden transportweise pro Kopf eine Karteikarte an die Geheime Staatspolizei zu übersenden.

Somit kann jetzt angenommen werden, dass 2 Transporten pro Woche mit je 1000 Juden keine unüberwindbaren Schwierigkeiten gegenüberstehen. Der 1. Transport geht am Freitag, den 20.10.1939, um 22.00 Uhr vom Aspangbahnhof ab.

Brunner

Ergeht an: SS-H’Stuf. Eichmann, Mähr. Ostrau,

SS-O’Stubaf. Vollheim, IV., Theresianumg. 16,

SS-Stubaf. Polte, IV., Theresianumg. 16.